Zerstörerische Folgen der Entgrenzung von Macht in kapitalistischen Demokratien

Von Rainer Mausfeld – 20. November 2023

Macht drängt nach mehr Macht und Reichtum nach mehr Reichtum, eine Dynamik, die den Zusammenhalt einer Gesellschaft gefährdet und sie zu zerstören droht: Dies ist eine der frühesten Einsichten der Zivilisationsgeschichte. – Macht bedarf daher stets einer robusten Einhegung. Das bedeutendste Schutzinstrument für eine Zivilisierung von Macht stellt die egalitäre Leitidee der Demokratie dar. Der Psychologe Rainer Mausfeld zeigt in seinem neuen Buch „Hybris und Nemesis. Wie die Entzivilisierung von Macht in den Abgrund führt“ entlang historischer Linien auf, dass der Begriff der Demokratie seiner ursprünglichen Bedeutung beraubt worden ist und heute als Demokratierhetorik für Herrschaftszwecke missbraucht wird. Dadurch ist es in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Entzivilisierung von Macht gekommen, deren psychische, gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen die menschliche Zivilisation insgesamt bedrohen.

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Lesung von Lizzie Doron

Von der Redaktion – 30. März 2022

Die israelische Autorin Lizzie Doron, 1953 als Tochter einer polnischen Auschwitz-Überlebenden in Tel Aviv geboren, studierte Linguistik, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie hat viele Romane veröffentlicht, u.a. Ruhige Zeiten, Sweet Occupation und Who the Fuck is Kafka. Ihr erster Roman Ruhige Zeiten wurde mit dem von Yad Vashem vergebenen Buchman-Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den Jeanette-Schocken Preis, 2018 den Friedenspreis der Geschwister Korn und Gerstenmann-Stiftung. 2019 war sie Friedrich Dürrenmatt Gastprofessorin für Weltliteratur an der Universität Bern. Lizzie Doron lebt in Tel Aviv und Berlin. Seit sie sich in ihren Büchern kritisch mit der Politik Israels auseinandersetzt, erscheinen diese zuerst oder sogar nur in deutscher Übersetzung. Das gilt auch für ihren neuen Roman mit dem Titel Was wäre wenn. In einem Interview sagte sie: „… ich habe das Gefühl, dass hier in Israel etwas grundlegend falsch läuft. Ist der eine Krieg zu Ende, beginnt der nächste.“

Lesung von Lizzie Doron aus dem Roman Was wäre wenn (oder einem anderen Werk) von und mit der Autorin und Kerstin Müller, Heilbronn

Montag, 25. April, 19.30 Uhr

Museum Synagoge Affaltrach, Untere Gasse 6, 74182 Obersulm-Affaltrach

Eintritt: 6 € (ermäßigt: 4 €)

Ein sonderbares Büchlein über den Reichstagsbrand

Von Alexander Bahar – 13. Januar 2022

Der Historiker Rainer Orth hat ein Buch über „Martin Lennings und das Rätsel des Reichstagsbrandes“ geschrieben. In dem schmalen Band setzt sich der Autor mit der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen und seiner vor einiger Zeit aufgetauchten eidesstattlichen Erklärung auseinander. Am 26. Juli 2019 erschien in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) ein groß aufgemachter Beitrag „Wer war der wahre Brandstifter“ über eine neu aufgetauchte Aussage aus dem Jahr 1955 zu den Hintergründen des folgenreichen Brandes im Berliner Reichstagsgebäude vom 27. Februar 1933. In der Folge berichteten im Juli 2019 zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen sowie Internet-, Fernseh- und Radio-Formate ausführlich über den Fund.

Gegenaufklärung in den USA: Attacken auf Shakespeare und andere Klassiker

Von David Walsh – 23. Dezember 2021

Anfang Oktober geriet Bright Sheng, Komponist und Professor, an der Universität von Michigan in Ann Arbor unter Beschuss, weil er in einem studentischen Seminar Stuart Burges’ Verfilmung von William Shakespeares Othello aus dem Jahr 1965 zeigte, in der der britische Schauspieler Laurence Olivier den „Mohren von Venedig“ in dunklem Make-up spielte. … Der Vorfall beleuchtet ein umfassenderes Phänomen an den Universitäten, wo in den letzten Jahren verschiedene Studiendisziplinen unter Beschuss geraten sind. Zu diesen zählen die antike griechisch-römische Geschichte, Literatur und Philosophie. Auch unterschiedliche Persönlichkeiten werden angegriffen. Dazu zählen neben Shakespeare auch Geoffrey Chaucer, Robert Burns, Edgar Allan Poe, Charles Dickens, Walt Whitman, Mark Twain, Ernest Hemingway, George Orwell, John Steinbeck, J. D. Salinger, Philip Roth, Giacomo Puccini, Tizian, Paul Gauguin, Pablo Picasso, Egon Schiele, Henri Matisse und viele andere. Sie alle werden der „Versündigung“ gegen die Empfindlichkeiten der oberen Mittelschicht bezichtigt.

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Der Mauretanier“: 14 Jahre in Guantánamo. Die schreckliche Realität des amerikanischen „Kriegs gegen den Terror“

Von Joanne Laurier – 15. Juni 2021

Der Mauretanier, unter der Regie von Kevin Macdonald gedreht, basiert auf den Erinnerungen von Mohamedou Ould Slahi, „Guantánamo Diary“ [dt. als „Das Guantanamo-Tagebuch“ im Jahr2018 erschienen]. Mohamedou wurde 14 Jahre lang ohne Anklage im US-amerikanischen Militärinternierungslager Guantánamo Bay auf Kuba gefangen gehalten. Der Film, zu dem M.B. Traven, Rory Haines und Sohrab Noshirvani das Drehbuch verfassten, enthüllt auf beeindruckende Weise die Realität des amerikanischen „Kriegs gegen den Terror“. Er legt die systematische Kriminalität, einschließlich des Einsatzes illegaler Entführungen, Folter und Mord, der Regierungen von Bush und Obama, des US-Militärs, der CIA und weiterer Geheimdienste offen.

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71. Berlinale eröffnet Publikumsfest mit Guantanamo-Film „Der Mauretanier“

Von Verena Nees – 12. Juni 2021

Am Mittwoch wurden die 71. Berliner Filmfestspiele als Open-Air-Event für Publikum eröffnet. Sie begannen mit einem Paukenschlag. Zur Eröffnung wurde der Film „Der Mauretanier“ von Kevin McDonald über den Fall des Mauretaniers Mohamedou Ould Slahi gezeigt, der über vierzehn Jahre lang im berüchtigten amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo unschuldig inhaftiert war und schwerster Folter unterzogen wurde. Die Menschenrechtsanwältin Nancy Hollander, die schließlich seine Freilassung erkämpfte, war persönlich zur Eröffnungszeremonie der Berlinale gekommen, um den Film vorzustellen. Auch wurden Grußbotschaften von Judie Foster, die Nancy Hollander im Film spielt, von Benedict Cumberbatch, dem Darsteller des Staatsanwalts, sowie von Regisseur Kevin MacDonald eingespielt. Mohamedou Ould Slah selbst konnte nicht teilnehmen. Die Ausländerbehörden haben seinen Antrag auf ein Einreisevisum und auf Familienzusammenführung mit seiner in Berlin lebenden Familie verweigert.

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Bücherverbrennung hält Einzug in Amerika

Von David Walsh – 30. April 2021

In einem groß angelegten Akt der Zensur, der nichts Gutes für demokratische Rechte verheißt, hat der Verlag W. W. Norton bekannt gegeben, dass er die von Blake Bailey verfasste Biografie des amerikanischen Schriftstellers Philip Roth (1933-2018) „dauerhaft“ aus seinem Programm entfernt. Mehrere Personen hatten Bailey sexuelles Fehlverhalten einschließlich Vergewaltigung vorgeworfen. Die Anschuldigungen reichen bis ins Jahr 2003 zurück. Beweise wurden nicht vorgelegt. Baileys 880-seitiges Buch, das von der Kritik gut aufgenommen wurde und als eines der wichtigsten Werke des Jahres auf seinem Gebiet gilt, wird eingestampft. Außerdem teilte der Verlag mit, dass er Baileys Memoiren aus dem Jahr 2014 nicht mehr vertreibt.

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Europa. Ein Nachruf

Von Amir Mortasawi – 30. Oktober 2020

In seinem Buch jüngst erschienen Buch Europa. Ein Nachruf entlarvt Hannes Hofbauer das in Brüssel, Berlin und anderswo gemalte Selbstbild der Europäischen Union als einer angeblich alternativlosen und demokratischen Wertegemeinschaft als ideologisches Konstrukt.

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„Ein Unterthan, das ist ein Tropf“

Von Alexander Bahar – 24. September 2020

Eine Neuausgabe erschließt das Werk des fast vergessenen Dichters und Revolutionärs Ludwig Pfau. Dem auf den Deckel seiner Taschenuhr eingravierten Wahlspruch: „Magnis superbus, parvis modestus“ („Stolz gegen die Großen, bescheiden gegen die Kleinen“) blieb der am 25. August 1821 in Heilbronn geborene Schriftsteller und Revolutionär Ludwig Pfau ein Leben lang treu. Ihn der unverdienten Vergessenheit zu entreißen, hat der „Literaturbetrieb“ Günther Emigs mit einer Neuausgabe seiner Gedichte unternommen.

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Zum Gedenken an den Historiker Wadim S. Rogowin

Von David North – 17. Oktober 2019

Wadim Rogowin starb am 18. September 1998 im Alter von 61 Jahren an Krebs. David North, der in den letzten fünf Lebensjahren Rogowins eng mit ihm zusammenarbeitete, würdigte den großen sowjetisch-russischen Historiker auf Gedenkveranstaltungen des Internationalen Komitees, die im Dezember 1998 in London und Berlin stattfanden. Rogowins siebenbändige Buchreihe „Gab es eine Alternative zum Stalinismus?“, die das Ergebnis jahrzehntelanger Recherchen war, ist ein Meisterwerk der Geschichts-literatur. Sie zeigt, dass es innerhalb der Sowjetunion und international eine entschlossene sozialistische Opposition gegen den Stalinismus unter der Führung von Leo Trotzki gab.

https://www.wsws.org/de/articles/2019/10/17/rogo-o17.html