Bundesregierung bereitet gewaltigen Sozialabbau vor

Von Peter Schwarz – 4. Dezember 2023

Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds, das ein Milliardenloch in die Haushaltspläne der Bundesregierung gerissen hat, bereitet diese Sozialkürzungen von gewaltigem Ausmaß vor. Für die horrende Aufrüstung und die Milliardengeschenke an die Reichen sollen Gesundheit, Bildung und Wohnen verwüstet werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verhandeln seit Sonntagnachmittag hinter verschlossenen Türen darüber, wie das Loch gestopft werden kann. Scholz kehrte deshalb einen Tag früher als geplant von einer Nahostreise zurück, und Habeck sagte einen geplanten Besuch der Weltklimakonferenz in Dubai ab. Bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch will die Dreierrunde eine Grundsatzeinigung vorlegen, damit der Haushalt 2024 noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Ob dies gelingt, ist allerdings fraglich.

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil vom 15. November ein politisches Signal gesetzt. Es schwang sich zum obersten Richter in Haushaltsfragen auf, die in demokratischen Staaten traditionell das Vorrecht des Parlaments sind. Gestützt auf die sogenannte Schuldenbremse, die SPD und CDU/CSU 2009 gemeinsam im Grundgesetz verankert hatten, erklärte es den Nachtragshaushalt 2021, den der Bundestag rückwirkend beschlossen hatte, für verfassungswidrig und nichtig.

Damit fehlen im Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem klimafreundliche Technologien in der Stahlindustrie, Batterie- und Chipfabriken, die Sanierung der Bahn sowie zahlreiche andere Projekte finanziert werden, 60 Milliarden Euro. Die Projekte müssen nun gestrichen oder durch Einsparungen an anderer Stelle direkt aus dem Haushalt finanziert werden.

Das Urteil betrifft aber nicht nur den Klimafonds. Auch andere der insgesamt 29 Sondervermögen der Bundesregierung, die sich zusammen auf 870 Milliarden Euro belaufen, sind betroffen. Das gilt insbesondere für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Umfang von 200 Milliarden Euro, mit dem unter anderem Gas- und Strompreise subventioniert werden, die infolge der Sanktionen gegen Russland gestiegen sind. Hinzu kommen ähnliche Sondervermögen der Bundesländer.

Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem deutlich gemacht, dass es der Bundesregierung in der Haushaltspolitik in Zukunft genau auf die Finger schauen wird. So heißt es in dem Urteil, es unterliege „vollumfänglicher verfassungsgerichtlicher Prüfung“, ob eine außergewöhnliche Notsituation vorliege. Der Bundestag kann eine solche Notsituation beschließen, damit die Regierung die Schuldengrenze umgehen kann.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet vor allem eines: Die Regierung muss die Milliardensummen, die sie in die Aufrüstung der Bundeswehr, in die Finanzierung des Ukrainekriegs, in Subventionen für Großkonzerne und in ähnliche Projekte steckt, noch weit brutaler aus der arbeitenden Bevölkerung herauspressen, als sie dies ohnehin schon getan hat.

Dabei sieht schon der bisherige Haushaltsentwurf die heftigsten Sozialkürzungen seit bestehen der Bundesrepublik vor. Gemessen an der Inflation sollte der Realhaushalt um 11,8 Prozent sinken. Allein der Gesundheitshaushalt wurde gegenüber 2022 bereits um drei Viertel von 64,4 auf 16,2 Milliarden Euro gekürzt. Der Bildungsetat wurde um 5,4, Wohnen um 5,1 Prozent reduziert. Diese Pläne sollen nun noch weit in den Schatten gestellt werden.

Das Verfassungsgericht tritt dabei als direktes Sprachrohr der Wirtschaftsverbände und der Reichen auf, die das seit langem fordern. „Unabhängig“ ist es nur formal, da es nicht an Weisungen der Regierung gebunden ist. Politisch ist es dagegen alles andere als unabhängig. Die beiden Richter, die das Urteil maßgeblich prägten, Berichterstatterin Sibylle Kessal-Wulf und Peter Müller, sind beide von der CDU/ CSU für ihr Amt nominiert worden, die gegen den Nachtragshashalt geklagt hat. Müller war von 1999 bis 2011 CDU-Ministerpräsident des Saarlands, bevor er als Verfassungsrichter nach Karlsruhe wechselte.

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Soziale Einschnitte geplant: Der Bundesregierung ist die Ukraine wichtiger als die Menschen in Deutschland

Von Thomas Röper – 24. November 2023

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts hat die Bundesregierung entschieden, bei sozialen Maßnahmen zu sparen, aber die Hilfen für die Ukraine nicht anzutasten. Es klingt absurd, aber die Rettung für die Regierung könnte eine neue Covid-Panik sein. –

Vor einigen Tagen habe ich über das Urteil des Verfassungsgerichts geschrieben, das der Bundesregierung verboten hat, den Fonds, der ursprünglich für die Abmilderung der Folgen der Covid-Maßnahmen gebildet wurde, für andere Zwecke zu nutzen. Das betrifft auch weitere „Sondervermögen“. Nun muss gespart werden, weshalb ich meinen Artikel mit folgendem Satz beendet habe:

„Wir werden also bald schon sehen, was für die Bundesregierung wichtiger ist: Die Menschen in Deutschland, oder die Ukraine und Waffenbestellungen bei US-Rüstungskonzernen.“ … Nun ist die Entscheidung offenbar getroffen worden. Der Spiegel berichtet unter der Überschrift „Strom und Gas – Finanzminister Lindner kündigt Ende von Preisbremsen zum Jahresende an“ und wir erfahren: „Als Folge des Haushaltsurteils des Verfassungsgerichts wird die Bundesregierung die staatlichen Milliardenhilfen über die Strom- und Gaspreisbremsen nicht wie geplant bis Ende März 2024 verlängern. Sie würden »zum Jahresende beendet«, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner.“

Damit ist der erste soziale Einschnitt offenbar beschlossene Sache. Allerdings lügt der Spiegel wieder über die Gründe darüber, warum diese Maßnahme überhaupt nötig war: „Die Bundesregierung hatte die Strom- und Gaspreisbremsen im vergangenen Jahr eingeführt. Damit sollten die stark gestiegenen Energiepreise infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine abgefedert werden.“

Man muss immer wieder darauf hinweisen, dass die stark gestiegenen Energiepreise in Deutschland keine Folge des „russischen Angriffskrieges auf die Ukraine“ sind, sondern eine Folge der Sanktionen gegen Russland, die Brüssel mit freundlicher Unterstützung der Bundesregierung beschlossen hat. Hätte man nicht beschlossen, sich von russischem Öl und Gas zu trennen, wären die Energiepreise nicht gestiegen und es wären keine Strom- und Gaspreisbremsen nötig gewesen.

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Die Haushaltskrise und die drei Elefanten im Raum

Von Jens Berger – 23. November 2023

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Schattenhaushalten stellt die Bundesregierung vor massive Probleme. Der Haushalt für 2024 liegt erst einmal auf Eis und es kracht im Gebälk der Ampel. Mindestens 80 Milliarden Euro fehlen für das kommende Jahr, will man auf der Ausgabenseite keine Kürzungen vornehmen. Doch auch radikale Kürzungen würden diese Summe nicht einbringen, weshalb neue – diesmal verfassungskonforme – Tricksereien wohl unvermeidlich sind. Dennoch wird vor allem die FDP die Haushaltskrise nutzen, um die Axt an den Sozialstaat zu legen. Das alles wäre überhaupt nicht nötig, doch niemand spricht über die drei Elefanten im Raum: Die Krise ist hausgemacht! Ohne die übertriebenen Coronamaßnahmen, die Sanktionspolitik und die als „Zeitenwende“ beschönigten Aufrüstungsorgien hätte der Haushalt auch ganz ohne Tricksereien und zusätzliche Neuverschuldung kein Loch, das man nun durch Kürzungen zumindest zum Teil stopfen „muss“.

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Südostasiens ältester Konfliktherd: bald nurmehr Geschichte? (Teil I und II)

Von Rainer Werning – 23./29. Januar 2022

Im Süden der Philippinen (vorrangig auf den Inseln Mindanao, Basilan und Jolo) widersetzte sich die vormals überwiegend muslimische Bevölkerung seit Mitte des 16. Jahrhunderts sämtlichen militärischen Attacken und politischer Bevormundung seitens auswärtiger (kolonialer) Mächte – ob es sich nun um spanische Konquistadoren, US-amerikanische Imperialisten oder diverse philippinische Regierungen im fernen Manila handelte. Es war ein ebenso windungsreicher wie komplexer Kampf, der auch intern zu Spaltungen und Zerwürfnissen führte. Vor drei Jahren, am 21. Januar und 6. Februar 2019, fanden in der Region zwei Referenden statt, in denen sich die Bevölkerung mehrheitlich für eine Teilautonomie entschied.

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Oxfam-Bericht „Ungleichheit tötet“: Milliardäre bereichern sich, Millionen sterben in der Pandemie

Von Kevin Reed – 18. Januar 2021

Kurz vor Beginn des Weltwirtschaftsforums am 17. Januar hat die weltweit tätige Hilfsorganisation Oxfam am Montag ihren neuen Bericht veröffentlicht. Er trägt den Titel „Inequality Kills“ (Ungleichheit tötet). Mit Fokus auf die Covid-19-Pandemie zeichnet das Dokument ein verheerendes Bild der kapitalistischen Weltordnung. Im Bericht heißt es, dass die beispiellose Anhäufung von Reichtum durch die internationale Milliardärselite „zum Tod von mindestens 21.000 Menschen pro Tag oder einer Person alle vier Sekunden“ beiträgt.

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Covid-19: die endlose Pandemie des Kapitalismus

Von Andre Damon – 9. Januar 2022

Am Freitag wurden fast eine Million weitere Amerikaner positiv auf Covid-19 getestet, 2.000 Menschen verloren ihr Leben, und die Zahl der Covid-19-Krankenhauseinweisungen erreichte einen neuen Höchststand. Im ganzen Bundesgebiet der USA gleichen die Notaufnahmen Kriegsschauplätzen. Ärzte und Krankenpfleger, die in Doppelschichten arbeiten, sind am Ende ihrer Kräfte. Sie rufen eine Familie nach der anderen an, um ihnen mitzuteilen, dass ihre Angehörigen verstorben sind. Unter Hunger, Wasser- und Schlafmangel versuchen sie, ihr Versprechen einzuhalten, „die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten“ zu ihrem „obersten Anliegen“ zu machen.

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Verdienen am Tod: Rekordprofite und -boni in der Coronakrise

Von Ludwig Weller und Peter Schwarz – 22. Dezember 2021

Für Großkonzerne und Investmentbanker bedeutet die Corona-Pandemie eine gewaltige Bereicherungsorgie. Das gilt international, besonders aber für Deutschland. Die 40 im Dax notierten Unternehmen erzielten im dritten Quartal 2021 einen Gesamtgewinn von 35,7 Milliarden Euro. Das sind 152 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres und 21 Prozent mehr als im dritten Quartal 2019, dem letzten vergleichbaren Zeitraum vor der Coronakrise. Die Investmentbanker erwarten die höchsten Boni seit sechs Jahren. „Bonus-Booster für Dealmaker“ titelt zynisch das Handelsblatt. Die Deutsche Bank erwäge eine 20-prozentige Erhöhung des Bonuspools für Mitarbeiter ihrer Investmentbank-Bereiche, meldet es unter Berufung auf „mit der Angelegenheit vertraute Personen“. Bei den US-Banken Goldman Sachs Group und JPMorgan Chase könnten die Bonuspools für Banker im Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft sogar um bis zu 50 Prozent steigen. „Banken von USA bis Europa haben in diesem Jahr im Investmentbanking Gewinnsprünge verzeichnet und die Transaktionstätigkeit liegt auf Rekordniveau,“ so das Handelsblatt. Die Deutsche Bank habe ihren Vorsteuergewinn in den ersten neun Monaten des Jahres um 32 Prozent gesteigert.

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Flutkatastrophe: dramatische Schäden und wachsende Wut

Von Elisabeth Zimmermann – 27. Juli 2021

In den letzten Tagen ist es zu weiteren starken Regenfällen und Überschwemmung in Süddeutschland, Sachsen und Berlin gekommen. Auch in Belgien wurden erneut starke Überschwemmungen gemeldet. Besonders betroffen ist diesmal die Stadt Dinant in der Nähe von Namur. In den vom Unwetter und den Überflutungen Mitte letzter Woche am schwersten betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ringen die Menschen weiter mit der enorm hohen Zahl an Todesopfern, Verletzten und den ungeheuren Schäden, die an Häusern, Betrieben, Geschäften, Gaststätten, Hotels, Straßen, Brücken und der gesamten Infrastruktur angerichtet worden sind.

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Trotz Warnung vor Flutkatastrophe: Regierungen unternahmen nichts

Von Elisabeth Zimmermann – 20. Juli 2021

Die Zahl der Flutopfer in Deutschland und Belgien ist inzwischen auf fast 200 gestiegen. Im Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz kamen mindestens 117 Menschen ums Leben. Viele werden noch vermisst. In Nordrhein-Westfalen sind mindestens 46 Todesopfer zu beklagen. In Belgien stieg die Zahl der Todesopfer auf 31. Hunderte Menschen werden noch vermisst. Das Ausmaß der Zerstörungen der schwersten Flutkatastrophe in Deutschland seit der Sturmflut an der Nordseeküste 1962 ist verheerend. Seit dem Wochenende sind auch Bayern, Sachsen und Teile von Österreich von schweren Überschwemmungen betroffen. Führende Politiker, die in den letzten Tagen die Katastrophengebiete besuchten, heuchelten ihre Anteilnahme. Immer wieder erklärten sie, dass man das Ausmaß der Katastrophe und die Schnelligkeit, mit der sich verhältnismäßig kleine Flüsse wie die Ahr und die Erft in reißende Ströme verwandelten, nicht hätte vorhersehen können. Diese Behauptungen werden von international renommierten Wissenschaftlern als Lügen entlarvt. Die hohe Zahl der Todesopfer ist eine direkte Folge der kriminellen Untätigkeit der Regierungen auf Bundes- und Landesebene. Obwohl sie frühzeitig informiert waren, unternahmen sie nichts, um die Menschen zu warnen und Leben zu retten.

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Rente mit 68: Arbeiter sollen mit Altersarmut für Pandemie bezahlen

Von Elisabeth Zimmermann und Marianne Arens – 14. Juli 2021

Drei Monate vor der Bundestagswahl hat ein Beratergremium der Regierung das Thema „Rente mit 68“ in die öffentliche Diskussion geworfen. Es fordert die Koppelung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung und eine weitere Absenkung der gesetzlichen Rentenbezüge. Andernfalls seien „schockartig steigende Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2025“ zu erwarten. Es ist der Wissenschaftliche Beirat von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der am 7. Juni 2021 seine „Vorschläge für eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung“ publizierte. In der Presseerklärung dazu kritisiert der Beirat, dass „stark steigende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse fließen“, die mit 26 Prozent jetzt schon mehr als ein Viertel des Haushalts ausmachten. Dieser Anteil werde „bis 2040 auf über 44 % und bis 2060 auf über 55 %“ des Bundeshaushalts ansteigen. Unvermeidlich sei deshalb die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre und mehr, sowie gleichzeitig eine weitere Absenkung des Rentenniveaus.

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