Israels skandalöser Umgang mit palästinensischen Gefangenen – Folter inbegriffen

Interview mit Siba Irsheid. Interview: Gabi Weber – 13. Dezember 2023

Das Interview, das die promovierte Fachärztin und Palästinakennerin Gabi Weber mit Dr. Siba Irsheid, LL.M., Rechtsanwältin und Syndikus-Abogada (EuRAG), geführt hat, unterscheidet sich grundlegend von den meisten in Deutschland publizierten Texten zur Situation in Palästina und Israel. Im Interview werden Vorgänge angesprochen, die in den meisten deutschen Medien tabu sind.

Die deutschen Medien berichten nicht deutlich genug davon, dass palästinensische Jugendliche und sogar Kinder gefoltert werden. Sie berichten ungenügend über die rechtliche Lage und auch nicht darüber, dass für Palästinenser und israelische Siedler im gleichen Gebiet verschiedenes Recht gilt. Palästinenser sind oft rechtlos. Wird darüber für die deutsche Öffentlichkeit gewissenhaft berichtet?

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„Sofortige Freilassung von Julian Assange“ – Was wurde aus der Wahlkampf-Forderung von Frau Baerbock?

Von Florian Warweg – 08. Dezember 2023

Als Kanzlerkandidatin forderte Annalena Baerbock im September 2021 noch sehr explizit und öffentlich „die sofortige Freilassung von Julian Assange“. Doch seit Amtsantritt als Außenministerin am 8. Dezember 2021 hörte man von ihr in der Angelegenheit nicht mehr viel. Die NachDenkSeiten nahmen ihr zweijähriges „Amtsjubiläum“ zum Anlass, auf der BPK nachzufragen, was die oberste deutsche Diplomatin bisher an konkreten Schritten unternommen hat, um ihrer damaligen Forderung gegenüber den Wertepartnern in London und Washington Nachdruck zu verleihen. Auch wollten die NDS wissen, ob der Kanzler Olaf Scholz Julian Assange als politischen Gefangenen betrachtet.

„Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen grundlegende Freiheitsrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention im Umgang mit Julian Assange – allen voran gegen das Verbot von Folter (Art. 3), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6) und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten (Art. 7) – schließen wir uns der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer an und fordern die sofortige Freilassung von Julian Assange.“

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Julian Assange seit 13 Jahren seiner Freiheit beraubt

Von Moritz Müller – 7. Dezember 2023

Am 7. Dezember 2010 stellte sich Julian Assange in einer Londoner Polizeiwache der britischen Polizei, da es einen internationalen Haftbefehl gegen ihn gab, ausgestellt von einer schwedischen Staatsanwältin und nicht von einem Richter/einer Richterin, wie seitdem vorgeschrieben. Diese Gesetzesänderung wirkte sich nicht rückwirkend auf Julian Assange aus. In dem schwedischen Fall wurde nie eine Anklage gegen ihn erhoben. Er verbrachte die nächsten 10 Tage in Einzelhaft, daraufhin 1½ Jahre mit elektronischer Fußfessel, gefolgt von fast 7 Jahren im ecuadorianischen Botschaftsasyl und derzeit seit 1.701 Tagen im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, oft auch das britische Guantanamo genannt. Seit Juni warten Julian Assange, seine Angehörigen und die Öffentlichkeit darauf, dass ein Termin für eine 30-minütige mündliche Auslieferungsanhörung angesetzt wird. Alles verläuft in diesem Fall so schleppend, dass man den Eindruck bekommt, dass die USA, die offiziell Assanges Auslieferung anstreben, ihn gar nicht dort haben wollen, zumindest nicht vor den Präsidentschaftswahlen im nächsten November. Der ehemalige UN-Sonderbeauftragte Nils Melzer hat die juristische Kriegsführung (Lawfare) gegen Assange in seinem Buch „Der Fall Julian Assange“ ausführlich beschrieben. Nachfolgend der aktuelle Newsletter von FreeAssange Berlin. Vielen Dank an Almut Stackman und Thilo Haase und alle Mahnwachenden, die für die Pressefreiheit auf die Straße gehen!

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Cum-Ex-Skandal: Hat Kanzler Scholz gelogen, sein Sprecher oder beide zusammen?

Von Florian Warweg – 07. Dezember 2023

Neuste Entwicklung in der Causa Cum-Ex: Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat die Strafanzeige von Fabio de Masi gegen Kanzler Scholz wegen uneidlicher Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss abgewiesen. Die Begründung der Staatsanwaltschaft lautet zusammengefasst: Sein Sprecher habe die Öffentlichkeit womöglich belogen und nicht Scholz selbst („…dass der Sprecher Hebestreit seine Ausführungen gemacht hat, um den Eindruck eines geordneten Hauses zu erwecken“). Die NachDenkSeiten baten vor diesem Hintergrund den Regierungssprecher darum, doch bitte mal Klarheit zu schaffen, wer denn nun in der Angelegenheit mutmaßlich gelogen hat. Dieser reagierte zunächst mit der gewagten Behauptung, der Verweis des Fragestellers, dass die Staatsanwaltschaft in Hamburg weisungsgebunden ist, sei „eine Unterstellung“.

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Staatsanwaltschaft Hamburg deckt Scholz im Cum-Ex-Skandal

Von Thomas Röper – 6. Dezember 2023

Da die Staatsanwaltschaft in Deutschland nicht unabhängig ist, hatte Bundeskanzler Scholz nicht viel zu befürchten, als in Verbindung mit dem Cum-Ex-Skandal Anzeige gegen ihn wegen uneidlicher Falschaussage erstattet wurde. Das Verfahren wurde erwartungsgemäß eingestellt.

Ex-Linkenpolitiker Fabio De Masi nervt die etablierten Parteien und vor allem Bundeskanzler Scholz und seine SPD, weil er in der sogenannten Warburg-Affäre wühlt. Seit Jahren beruft Scholz sich auf angebliche „Erinnerungslücken“ in Bezug auf mittlerweile nachgewiesene Treffen mit Vertretern der Hamburger Warburg-Bank. Scholz steht seit Jahren unter Verdacht als damaliger erster Bürgermeister Hamburgs der Bank aktiv geholfen zu haben, höhere Steuerrückforderungen in Millionenhöhe nicht zurückzahlen zu müssen.

De Masi stellte im August dieses Jahres in Hamburg Strafanzeige beim zuständigen Generalstaatsanwalt gegen Olaf Scholz persönlich. Der Vorwurf lautete „Verdacht auf uneidliche Falschaussage zur Warburg-Affäre“.

Rechtsstaat in Deutschland?

Aber man müsste naiv sein, wenn man glaubt, dass eine Strafanzeige gegen einen Regierungspolitiker in Deutschland eine Chance hat, denn die Staatsanwälte sind in Deutschland weisungsgebunden und müssen umsetzen, was der Justizminister ihnen anweist. Das geht auch vollkommen formlos, was weniger Spuren hinterlässt. Darüber habe ich oft berichtet, siehe zum Beispiel hier.

Das ist keine Verschwörungstheorie, darüber beschwert sich auch der Richterbund immer wieder. Am 8. November schrieb das Juristen-Portal Beck-aktuell zum Beispiel unter der Überschrift „Richterbund fordert Abschaffung des Weisungsrechts der Justizminister zu Ermittlungen“ (Links aus dem Original übernommen):

„Der Deutsche Richterbund gibt zu bedenken: „Allein der böse Anschein, dass Minister Ermittlungen aus dem Hintergrund in die eine oder andere Richtung lenken könnten und Staatsanwälte am Gängelband der Politik laufen, erschüttert das Vertrauen in eine objektive Strafverfolgung.“

Die Forderung des DRB nach einer Reform des Weisunsgrechts ist nicht neu. Der Verband, der die Interessen von Richtern und Staatsanwälten vertritt, hatte sie bereits 2020 und im Mai 2019 nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs zur fehlenden Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften in Deutschland gestellt.“

Die aktuelle Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, „das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs“ anzupassen. Die FDP wollte „das sogenannte externe Weisungsrecht des Justizministers in Einzelfällen“ abschaffen. Aber natürlich nur in Einzelfällen, denn wer streicht schon seine eigene Straffreiheit aus dem Gesetz?

Der Grund für den Artikel bei Beck-aktuell war, dass die Regierung nun schon zwei Jahre im Amt ist, aber in dieser Sache noch nichts passiert ist. Beck-aktuell schreibt:

Wenngleich die Ampel im Koalitionsvertrag eine Gesetzesänderung angekündigt hat, sitzt der Bundesjustizminister das Thema seit zwei Jahren aus“, kritisiert der Richterbund. (…) In einem Bericht der EU-Kommission zu Deutschland heißt es: „Bezüglich der angekündigten Reform, mit der die Befugnis der Justizminister, Staatsanwälten in Einzelfällen Weisungen zu erteilen, neu geregelt werden soll, wurden bislang keine Schritte unternommen.“ Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte: „Wir prüfen derzeit das weitere Vorgehen.“ Einen Zeitplan für die Umsetzung des Vorhabens konnte sie noch nicht nennen.

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Bundesregierung bereitet gewaltigen Sozialabbau vor

Von Peter Schwarz – 4. Dezember 2023

Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds, das ein Milliardenloch in die Haushaltspläne der Bundesregierung gerissen hat, bereitet diese Sozialkürzungen von gewaltigem Ausmaß vor. Für die horrende Aufrüstung und die Milliardengeschenke an die Reichen sollen Gesundheit, Bildung und Wohnen verwüstet werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verhandeln seit Sonntagnachmittag hinter verschlossenen Türen darüber, wie das Loch gestopft werden kann. Scholz kehrte deshalb einen Tag früher als geplant von einer Nahostreise zurück, und Habeck sagte einen geplanten Besuch der Weltklimakonferenz in Dubai ab. Bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch will die Dreierrunde eine Grundsatzeinigung vorlegen, damit der Haushalt 2024 noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Ob dies gelingt, ist allerdings fraglich.

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil vom 15. November ein politisches Signal gesetzt. Es schwang sich zum obersten Richter in Haushaltsfragen auf, die in demokratischen Staaten traditionell das Vorrecht des Parlaments sind. Gestützt auf die sogenannte Schuldenbremse, die SPD und CDU/CSU 2009 gemeinsam im Grundgesetz verankert hatten, erklärte es den Nachtragshaushalt 2021, den der Bundestag rückwirkend beschlossen hatte, für verfassungswidrig und nichtig.

Damit fehlen im Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem klimafreundliche Technologien in der Stahlindustrie, Batterie- und Chipfabriken, die Sanierung der Bahn sowie zahlreiche andere Projekte finanziert werden, 60 Milliarden Euro. Die Projekte müssen nun gestrichen oder durch Einsparungen an anderer Stelle direkt aus dem Haushalt finanziert werden.

Das Urteil betrifft aber nicht nur den Klimafonds. Auch andere der insgesamt 29 Sondervermögen der Bundesregierung, die sich zusammen auf 870 Milliarden Euro belaufen, sind betroffen. Das gilt insbesondere für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Umfang von 200 Milliarden Euro, mit dem unter anderem Gas- und Strompreise subventioniert werden, die infolge der Sanktionen gegen Russland gestiegen sind. Hinzu kommen ähnliche Sondervermögen der Bundesländer.

Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem deutlich gemacht, dass es der Bundesregierung in der Haushaltspolitik in Zukunft genau auf die Finger schauen wird. So heißt es in dem Urteil, es unterliege „vollumfänglicher verfassungsgerichtlicher Prüfung“, ob eine außergewöhnliche Notsituation vorliege. Der Bundestag kann eine solche Notsituation beschließen, damit die Regierung die Schuldengrenze umgehen kann.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet vor allem eines: Die Regierung muss die Milliardensummen, die sie in die Aufrüstung der Bundeswehr, in die Finanzierung des Ukrainekriegs, in Subventionen für Großkonzerne und in ähnliche Projekte steckt, noch weit brutaler aus der arbeitenden Bevölkerung herauspressen, als sie dies ohnehin schon getan hat.

Dabei sieht schon der bisherige Haushaltsentwurf die heftigsten Sozialkürzungen seit bestehen der Bundesrepublik vor. Gemessen an der Inflation sollte der Realhaushalt um 11,8 Prozent sinken. Allein der Gesundheitshaushalt wurde gegenüber 2022 bereits um drei Viertel von 64,4 auf 16,2 Milliarden Euro gekürzt. Der Bildungsetat wurde um 5,4, Wohnen um 5,1 Prozent reduziert. Diese Pläne sollen nun noch weit in den Schatten gestellt werden.

Das Verfassungsgericht tritt dabei als direktes Sprachrohr der Wirtschaftsverbände und der Reichen auf, die das seit langem fordern. „Unabhängig“ ist es nur formal, da es nicht an Weisungen der Regierung gebunden ist. Politisch ist es dagegen alles andere als unabhängig. Die beiden Richter, die das Urteil maßgeblich prägten, Berichterstatterin Sibylle Kessal-Wulf und Peter Müller, sind beide von der CDU/ CSU für ihr Amt nominiert worden, die gegen den Nachtragshashalt geklagt hat. Müller war von 1999 bis 2011 CDU-Ministerpräsident des Saarlands, bevor er als Verfassungsrichter nach Karlsruhe wechselte.

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Bundesregierung will nachweislich völkerrechtswidriges US-Embargo gegen Kuba nicht als Völkerrechtsbruch bezeichnen

Von Florian Warweg – 24. November 2023

Am 16. und 17. November fand in Brüssel in den Räumen des EU-Parlaments ein internationales Tribunal zum US-Embargo gegen Kuba statt. … Das abschließende Urteil des Tribunals nach Anhörung von Anklage und Verteidigung lautete: „Die umfassenden politischen und wirtschaftlichen Sanktionen, die seit 1960 gegen die Republik Kuba verhängt wurden, verstoßen gegen das Völkerrecht.“ Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob die Bundesregierung diese Einschätzung des Brüsseler Tribunals teilt, auch eingedenk der Tatsache, dass Deutschland am 3. November in der UN-Vollversammlung für eine Resolution gestimmt hatte, die diese Blockade in scharfen Worten verurteilt hatte. Doch der Sprecher des Auswärtigen Amtes reagierte auffallend gereizt auf die Frage und weigerte sich öffentlich einzugestehen, dass die USA mit der Blockade geltendes Völkerrecht brechen.

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Internationales Recht und das amerikanische „Leahy Law“

Von Jürgen Hübschen – 20. November 2023

Die USA unterstützen Israel bei ihrem menschenrechtsverletzenden Einsatz gegen die Hamas – und verstoßen dabei gegen ein eigenes Gesetz. – UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk erklärte am 19. November 2023, die Ereignisse der vergangenen 48 Stunden „übersteigen das Vorstellungsvermögen“. Bei Angriffen auf zu Notunterkünften umfunktionierten Schulen würden Menschen getötet, Hunderte müssten aus dem Al-Shifa-Krankenhaus flüchten, während Hunderttausende in den südlichen Gaza-Streifen vertrieben würden. Dies alles verstoße gegen den grundlegenden Schutz, „der Zivilisten nach internationalem Recht gewährt werden muss“, und weiter: „Der Schmerz, der Schrecken und die Angst, die sich auf den Gesichtern von Kindern, Frauen und Männern zeigen, sind schwer zu ertragen.“ Türk forderte eine sofortige Feuerpause.

Niemand kann mehr bestreiten, dass beide Kriegsparteien gegen das internationale Recht verstoßen und die Menschenrechte verletzen. Dabei ist es nicht relevant, welche Partei damit begonnen hat. Fest steht allerdings, dass sich Israel in der Art seiner Selbstverteidigung nicht darauf berufen kann, dass die Hamas in ihrer Kriegsführung Völkerrecht und Menschenrechte missachtet. … Eine der Fragen, die sich in diesem Nahost-Krieg stellt ist, ob „nur“ die Hamas und Israel gegen geltendes Recht verstoßen oder sich auch die USA diesen Vorwurf gefallen lassen müssen. Das

Das amerikanische „Leahy Law“

„Leahy Law“ ist eine juristische Ergänzung zum „Foreign Assistance Act“ des Jahres 1961. Es wurde im Jahr 1997 verabschiedet und besagt:

„No assistance shall be furnished under this Act or the „Arms Export Control Act” to any unit of the security forces of a foreign country if the Secretary of State has credible information that such unit has committed a gross violation of human rights.”

(„Nach diesem Gesetz und auch gemäß dem Gesetz zum Waffenexport dürfen Sicherheitskräfte eines fremden Staates nicht unterstützt werden, wenn dem US- Außenminister glaubhafte Informationen vorliegen, dass eine Einheit dieser Sicherheitskräfte eine grobe Verletzung der Menschenrechte begangen hat.“)

Dieses Gesetz wurde entwickelt vom ehemaligen Senator Patrick Leahy aus Vermont und nach ihm benannt. Dieser ist mittlerweile 84 Jahre alt und im Januar dieses Jahres zurückgetreten.

Zum Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte im Gaza-Streifen sagt Patrick Leahy u.a.:

„It appears to me that shooting civilians and targeting civilian infrastructure , when you can´t prove it is being used by Hamas, would be a violation of human rights.”

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(„Für mich sind das Schießen auf Zivilisten und Angriffe auf zivile Infrastruktur, falls nicht sicher ist, dass diese von der Hamas genutzt wird, ein Verstoß gegen die Menschenrechte.“)

Kommt der Tag der Wahrheit für den Internationalen Strafgerichtshof?

Von Thomas Röper – 18. November 2023

Der Internationale Strafgerichtshof hat nun die Gelegenheit, der ganzen Welt zu zeigen, dass er ein neutraler Gerichtshof ist, denn fünf Staaten haben sich wegen israelischer Kriegsverbrechen an den Gerichtshof gewandt. Wenn er darauf nicht reagiert, stellt er seine Existenzberechtigung in Frage.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist für die Staaten zuständig, die dem Rom-Statut beigetreten sind. Der IStGH ist zuständig, wenn Klage der Täter aus einem Mitgliedsstaat kommt oder wenn die Straftaten in einem Mitgliedsstaat begangen wurden. Der IStGH hat jedoch den Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin ausgestellt, obwohl Russland nicht dem Rom-Statut beigetreten ist und obwohl auch die Ukraine, auf deren Gebiet die angeblichen russischen Kriegsverbrechen nach Meinung des IStGH stattgefunden haben, das Rom-Statut nicht ratifiziert hat. Damit hat der IStGH auf anschauliche Weise gegen seine eigenen Regeln verstoßen, um die Wünsche des Westens zu erfüllen. Dazu, dass der Westen den IStGH kontrolliert, kommen wir noch.

Israel und der IStGH: Offenbar haben sich einige Staaten ein Beispiel an dem Vorgehen genommen, denn fünf Länder haben die Anklagebehörde des IStGH gebeten, die Lage in Palästina zu untersuchen, obwohl auch Israel nicht Mitglied des Rom-Statutes ist, teilte der Ankläger Karim Khan mit. Ihm zufolge haben Bangladesch, Bolivien, Dschibuti, die Komoren, Südafrika und Dschibuti eine Untersuchung beantragt.

Zuvor hatten schon ein ehemaliges Mitglied des türkischen Parlaments und Istanbuler Staatsanwälte beim IStGH eine Petition gegen den israelischen Premierminister eingereicht, in der argumentiert wird, dass Netanjahu „vor den Augen der Welt Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, Krieg geführt und Völkermord begangen hat“, wofür er gemäß den internationalen Strafrechtsnormen vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden sollte. Zwar ist eine Anrufung des IStGH im Namen des türkischen Staates unmöglich, da Ankara das Rom-Statut nicht unterzeichnet hat, aber die Türkei kann die Staatsanwaltschaft des Gerichtshofs in Den Haag über staatliche Strukturen und NGOs über Verbrechen informieren.

Nach der Logik, der Ankläger Khan bei Präsident Putin gefolgt ist, müsste man in den nächsten Wochen oder Monaten Haftbefehle gegen Verantwortliche aus der israelischen Staats- und/oder Armeeführung erwarten. Das wird natürlich nicht passieren, denn die Anträge haben nur symbolische Bedeutung, da der IStGH bereits seit dem 3. März 2021 Verbrechen untersucht, die seit dem 13. Juni 2014 im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, begangen wurden und in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallen. Khan erklärte, die Ermittlungen würden fortgesetzt und sich bis zur Eskalation der Feindseligkeiten nach den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 erstrecken.

Nach der Logik, der Ankläger Khan bei Präsident Putin gefolgt ist, müsste man in den nächsten Wochen oder Monaten Haftbefehle gegen Verantwortliche aus der israelischen Staats- und/oder Armeeführung erwarten. Das wird natürlich nicht passieren, denn die Anträge haben nur symbolische Bedeutung, da der IStGH bereits seit dem 3. März 2021 Verbrechen untersucht, die seit dem 13. Juni 2014 im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, begangen wurden und in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallen. Khan erklärte, die Ermittlungen würden fortgesetzt und sich bis zur Eskalation der Feindseligkeiten nach den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 erstrecken.

Der unterschiedliche Umgang des IStGH mit Israel und Russland zeigt, dass der IStGH kein Mittel der Rechtsprechung, sondern ein politisches Instrument des Westens ist.

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Eine Besatzungsmacht hat kein Recht auf Selbstverteidigung gegen die Besetzten. Das Vorgehen Israels verstößt gegen das Kriegsrecht

Interview mit Jacques Baud – Interview: Zeitgeschehen im Focus – 17. November 2023

[…] ZiF: Kann Israel einen Selbstverteidigungskrieg gegen ein von ihm besetztes Gebiet führen?

JB: Zunächst einmal muss daran erinnert werden, dass Israel offiziell eine Besatzungsmacht ist und seine Präsenz in den palästinensischen Gebieten gemäß der Resolution 242 (1967) des UNO-Sicherheitsrats illegal ist. Folglich ist der Widerstand gegen diese Besatzung legal. Die Resolution 45/130 (1990) der Generalversammlung gibt den Palästinensern das Recht auf Widerstand „mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, einschließlich dem bewaffneten Kampf“.

Genau aus diesem Grund erkannte Russland vor seiner Intervention in der Ukraine am 21. Februar die Unabhängigkeit der Donbas-Republiken an. Dies ermöglichte es diesen beiden Republiken, Russland um Hilfe zu bitten, um einen Verteidigungskrieg gemäß Artikel 51 der Charta gegen die beginnende ukrainische Offensive zu führen. Ich hatte diesen Mechanismus in meinen Büchern über den Ukraine-Konflikt und in Ihrer Zeitung beschrieben.

Würde – ironischerweise – Israel die Existenz eines palästinensischen Staates anerkennen, könnte es einen Verteidigungskrieg gegen ihn führen. Israels international anerkannter Status ist jedoch der einer Besatzungsmacht, und als solche ist es seine Verantwortung, die palästinensische Bevölkerung zu schützen, nicht sie zu zerstören.

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