Den eigenen Gipfel boykottiert

Von German-Foreign-Policy.com – 10. November 2025

Zahlreiche EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Kanzler Merz, sind am Sonntag kurzfristig ihrem Gipfeltreffen mit dem lateinamerikanischen Zusammenschluss CELAC ferngeblieben – aus Furcht vor Repressalien der Trump-Administration.

Mit einem massiven Affront haben zahlreiche EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Kanzler Friedrich Merz, am Sonntag den Gipfel der EU mit dem lateinamerikanischen Staatenbündnis CELAC torpediert. Die EU hatte eigentlich großen Wert auf den Gipfel gelegt, um ihren schwindenden Einfluss in der Region wieder zu stärken und dem wachsenden Einfluss Chinas entgegenzutreten. Man lobe „die Stärke und die Vitalität der Partnerschaft“ mit dem Subkontinent, hieß es vorab. Kurz vor dem Gipfel sagten nun jedoch Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und andere EU-Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme ab. Hintergrund ist die US-Gewaltkampagne in der Karibik, in der die Trump-Administration immer wieder Boote versenkt und Dutzende Menschen ermordet. Weil der Gastgeber des EU-CELAC-Gipfels, Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, Kritik daran geübt hat, haben die Vereinigten Staaten Sanktionen gegen ihn verhängt. Viele Spitzenfunktionäre der EU und ihrer Mitgliedstaaten haben nun Petro und damit ihren eigenen Gipfel boykottiert – in vorauseilendem Gehorsam und aus Furcht vor Repressalien der Trump-Administration.

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Nukleares Wettrüsten: Wie Russland auf die von Trump angekündigten Atomtests reagiert

Von vesti7.ru (Übersetzung: Thomas Röper) – 10. November 2025

US-Präsident Trump hat vor über einer Woche angekündigt, die USA würden wieder Atombomben testen. Während Experten darüber rätseln, was Trump genau gemeint hat, wird in Russland darüber diskutiert, wie man darauf reagieren soll.

Trumps Ankündigung, die USA würden wieder Atomtests durchführen, hat der Welt Rätsel aufgegeben, weil seine Erklärung widersprüchlich war. Trotzdem muss Russland auf diese potenzielle Bedrohung reagieren.

In seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick hat das russische Fernsehen über die Reaktionen russischer Experten und der russischen Regierung auf Trumps Ankündigung berichtet, und ich habe den russischen Bericht übersetzt. […]

Atomwaffentests: Wie Russland Trump antwortet

Nach Donald Trumps Anordnung, unverzüglich mit Atomwaffentests zu beginnen, kam das Thema Atomwaffentests außerhalb der Tagesordnung am Mittwoch im russischen Sicherheitsrat zur Sprache. Russland ist, das muss man sagen, bestens auf diese Entwicklung und sogar auf eine Gegenreaktion vorbereitet. Es hat jedoch nicht vor, als erstes Atomwaffentests durchzuführen. Unter den gegebenen Umständen wurde beschlossen, die eigenen Fähigkeiten zu eruieren.

Über die Einzelheiten berichtet unser Experte.

Donald Trumps Ankündigung, dass die USA die Atomtests wieder aufnehmen werden, kam selbst in Washington für viele überraschend.

„Wollen Sie damit sagen, dass die USA nach 30 Jahren Pause wieder mit Atomwaffentests beginnen werden?“, wurde Trump in einem Interview gefragt.

„Ich sage, dass wir Atomwaffen testen werden, genau wie andere Länder.“

Welche Länder und welche Tests, bleibt unklar. Pentagonchef Hegseth beeilte sich jedoch, die Einleitung des Prozesses zu verkünden: „Der Präsident hat deutlich gemacht, dass wir eine glaubwürdige nukleare Abschreckung brauchen. Die Wiederaufnahme der Tests ist ein sehr verantwortungsvoller Weg, dies zu erreichen. Ich denke, ein nuklearer Konflikt ist weniger wahrscheinlich, wenn man weiß, was man hat und darauf vertrauen kann, dass es so funktioniert, wie es soll. Daher ist das eine richtige Anweisung. Wir werden schnell handeln.“

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Eine Billion für Elon Musk: ein Argument für Enteignung

Von Andre Damon – 10. November 2025

Elon Musk, der CEO von Tesla und mit einem Nettovermögen von 461 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt, hat sich ein Vergütungspaket in Höhe von 1 Billion Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren gesichert. Er ist damit auf dem besten Weg, der erste Billionär der Welt zu werden.

Musks Gehalt würde auf ca. 50 Millionen Dollar pro Stunde steigen. Das ist knapp drei Millionen Mal so viel der Einstiegslohn in einer Tesla-Fabrik in den USA.

1987 galt es als Skandal, dass der Finanzier Michael R. Milken – der „König der Schrottanleihen“, der später wegen Wertpapierbetrugs verurteilt wurde – in einem einzigen Jahr 500 Millionen Dollar kassierte. Diesen Betrag würde Musk mit seinem neuen Vergütungspaket fast jeden Tag erhalten.

Die Tesla-Aktionäre bewilligten Musks Paket genau in der Woche, in der die Trump-Regierung die Lebensmittelhilfe für Bedürftige zusammenstrich. Zugleich bekommen Millionen Bundesbedienstete aufgrund des Shutdowns kein Gehalt. Nichts könnte besser veranschaulichen, dass die Bereicherung der Oligarchen mit der Verarmung der Arbeiterklasse einhergeht.

Musks Vergütungspaket, das die Gehälter aller Unternehmenschefs der Weltgeschichte um ein Vielfaches übertrifft, wurde mit der öffentlichen Unterstützung großer US-Finanzinstitute, darunter Charles Schwab Corporation und Morgan Stanley, verabschiedet. Das „Ja“-Votum von 75 Prozent lässt vermuten, dass auch die meisten Großaktionäre von Tesla, darunter Vanguard Group, BlackRock und Goldman Sachs, dafür gestimmt haben.

Die Absicht ist unverkennbar: Es werden neue Maßstäbe für die Vergütung von Unternehmenschefs und für die Einnahmen der Finanzoligarchie insgesamt gesetzt. Musk soll der erste, aber nicht der letzte Billionär werden. Als Nächstes folgen dann Multibillionäre.

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Staatschefs des Nahen Ostens wollen Gaza im Auftrag der USA und Israels kontrollieren

Von Jean Shaoul – 10. November 2025

Das obszöne Schauspiel am 13. Oktober in Scharm el-Scheich war ein besonders abstoßendes Kapitel im jahrzehntelangen Verrat der Regime des Nahen Ostens an den Palästinensern.

Mit der Unterzeichnung von Donald Trumps betrügerischer „Friedenserklärung“ für Gaza haben diese Regimes ihre Zustimmung signalisiert, die Hamas zu entwaffnen und die Palästinenser zu kontrollieren. Derweil behält Israel seine militärische Kontrolle über Gaza bei und setzt seine Bestrebungen fort, die Palästinenser zu vertreiben. Dadurch machen sich die arabischen Herrscher zu direkten Komplizen des israelischen Völkermords und der ethnischen Säuberung des Gazastreifens.

Die Unterjochung der Palästinenser ist Voraussetzung für Trumps Pläne zur Errichtung eines imperialistischen Protektorats. Sie dient außerdem zur Bildung einer anti-iranischen Achse als Vorbereitung für einen potenziellen Krieg zum Regimewechsel in Teheran, mit dem der Einfluss Chinas und Russlands in der Region zurückgedrängt werden soll.

Der verräterische Kurs der arabischen Regime

Der Verrat der arabischen Regime ist keine Überraschung. Sie behaupteten zwar jahrzehntelang, die Palästinenser im Namen des arabischen Nationalismus und der arabischen Brüderlichkeit gegen den zionistischen Staat zu unterstützen, doch ihre Armeen – allen voran die ägyptische – hielten die Palästinensische Befreiungsarmee bis zu ihrer Niederlage im Sechstagekrieg 1967 fest unter ihrer Kontrolle.

Yasser Arafat und seine Fatah-Bewegung, die durch bewaffneten Kampf einen palästinensischen Staat errichten wollten, übernahmen damals die Führung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), einer Dachorganisation mehrerer Gruppierungen mit unterschiedlichen Ideologien. Jeder dieser Gruppierungen hatte eine andere Ideologie und bemühte sich um die Unterstützung verschiedener arabischer Staaten sowie Moskaus oder Pekings. Einen revolutionären Appell an die Massen der Arbeiter und Unterdrückten in der arabischen Welt wiesen sie damit implizit zurück.

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US-Regime-Change Pläne für Venezuela: Fünf Szenarien

Von Vijay Prashad – 9. November 2025

Washington verschärft immer weiter seinen Druck auf Venezuela mit militärischer Präsenz, Sanktionen und einer neuen „Krieg gegen Drogen“-Rhetorik. Der Artikel beleuchtet die politischen Hintergründe, internationale Verflechtungen und fünf mögliche Szenarien einer US-Intervention. Wird Venezuela dem Druck standhalten oder droht eine Eskalation, die weit über das Land hinausreicht? Ein analytischer Blick aus dem Globalen Süden auf eine äußerst brisante Lage.

Liebe Freunde,

Grüße vom Schreibtisch des Tricontinental: Institute for Social Research.

Seit Anfang September haben die USA alle Anzeichen dafür gegeben, dass sie einen militärischen Angriff auf Venezuela vorbereiten könnten. Das Tricontinental: Institut für Sozialforschung hat sich mit ALBA Movimientos, der International Peoples’ AssemblyNo Cold War und dem Simón Bolívar Institut zusammengetan, um den Roten Alarm Nr. 20, „Die Hunde des Imperiums bellen Venezuela an”, über die möglichen Szenarien und Konsequenzen einer US-Intervention zu veröffentlichen.

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Warum die Abspaltung der Krim und der ehemals ukrainischen Gebiete völkerrechtlich nicht „illegal“ war

Von Thomas Röper – 9. November 2025

Der Westen behauptet, die Vereinigung der Krim und der ehemals ukrainischen Gebiete mit Russland und die Referenden darüber seien ein Bruch des Völkerrechts und „illegal“ gewesen. Hier zeige ich unter Verweis auf die entsprechenden Bestimmungen des Völkerrechts auf, warum das unwahr ist.

Westliche Medien und Politiker behaupten ständig, dass die Abspaltung der Krim 2014 von der Ukraine, das Referendum und auch die Vereinigung mit Russland ein Bruch des Völkerrechts – und damit „illegal“ – gewesen sei. Gleiches behaupten sie auch über die Abspaltung der Gebiete Lugansk, Donezk, Saporoschje und Cherson 2022, über die dortigen Referenden und deren Vereinigung mit Russland.

Für die meisten Leser des Anti-Spiegel dürfte es nichts Neues sein, wenn ich das als unwahr und als Propaganda bezeichne. Aber da wohl kaum jemand die völkerrechtlichen Bestimmungen nennen kann, aus denen das klar hervorgeht, will ich das hier einmal im Detail erklären, weil Sie, liebe Leser, das vielleicht als Argumentationshilfe brauchen können, wenn Sie darüber im Freundeskreis diskutieren und streiten.

Die einander widersprechenden Bestimmungen im Völkerrecht

Das Problem ist, dass es in der UN-Charta, also der Basis des modernen Völkerrechts, zwei einander widersprechende Bestimmungen gibt. Da wäre einerseits die territoriale Integrität oder territoriale Unversehrtheit, also die Unverletzbarkeit der Grenzen, nach der die Ukraine und der Westen argumentieren, denn Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta bestimmt:

„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

Demnach wäre die Vereinigung der ehemals ukrainischen Gebiete mit Russland ein Bruch des Völkerrechts, weil die Ukraine dieser Veränderung ihrer Grenzen nicht zugestimmt hat.

Andererseits gibt es in der UN-Charta aber auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker, denn in Artikel 1 Absatz 2 der UN-Charta wurde als eines der obersten Ziele der UN festgelegt:

„freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen“.

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Pokrowsk und Myrnohrad vor Einkesselung: Selenskij mit dem Rücken zur Wand

Florian Rötzer – 9. November 2025

Es ist absehbar, dass die russischen Truppen bald die Städte Pokrowsk und Myrnohrad eingekesselt haben und ganz einnehmen werden. Das hatte sich schon länger abgezeichnet, aber der ukrainische Präsident hat keinen Rückzugsbefehl für die Truppen, die die zu Festungen ausgebauten Städte verteidigen, gegeben, sondern weiterhin Erfolgsmeldungen über den Widerstand verbreitet. Auch an anderen Frontabschnitten wie bei Konstantinovka rücken die russischen Truppen voran. Mittlerweile sind die Stellungen der ukrainischen Truppen ausgedünnt, die Russen versuchen, die von Drohnenaufklärung und -jagd bestimmte 20-30 km tiefe Todeszone mit kleinen Gruppen ohne schweres Gerät zu durchqueren. Sie dringen in die Städte ein, verstecken sich dort, stellen Hinterhalte und greifen die Stellungen der ukrainischen Soldaten an.

Unklar ist allerdings, ob die russischen Truppen primär versuchen, bei Pokrowsk vorzurücken, oder aber den Kampf dort als Ablenkung benutzen, um weiter im Süden Richtung Dnipropetrowsk und Saporischschja die Front zu durchbrechen und in den Rücken der ukrainischen Verteidigungsanlagen zu kommen. Das meint u. a. die Rada-Abgeordnete Maria Bezuhlya.

Während Pokrowsk bald eingenommen zu sein scheint, ist Myrnohrad nahezu eingekesselt. Die Straßen in und aus der Stadt sind für die ukrainischen Truppen und die Logistik kaum mehr zu benutzen, sie sind eingenommen oder stehen unter Beschuss. Die ukrainischen Truppen konnten bislang Angriffe aus dem Osten abwehren, aber die Klammer schließt sich. Nach Berichten können sich die ukrainischen Soldaten in der Stadt kaum noch bewegen, da sie jederzeit von umherstreifenden russischen Sabotage- und Aufklärungsgruppen oder Drohnen angegriffen werden oder auf Minen treten können. Ein geordneter Abzug scheint nicht mehr möglich zu sein.

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EU-Pläne für „Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation“ nehmen Form an

Von Thomas Röper – 8. November 2025

Der Guardian berichtet über Pläne der EU-Kommission „zur Bekämpfung von Desinformation aus Russland und anderen Ländern“. Was der EU-Kommission und der Guardian so positiv formulieren, bedeutet im Klartext eine weitere Verschärfung der Zensur in der EU.

Ursula von der Leyen macht ihrem Spitznamen „Zensursula“ weiter alle Ehre. Sie hatte schon im letzten Jahr angekündigt, ein „Zentrums für Demokratische Resilienz“ einzurichten, dessen Aufgabe es sein soll, abweichende Meinungen in der EU noch härter zu bekämpfen als das ohnehin schon geschieht. Das soll wieder unter dem Kampfbegriff des „Kampfes gegen Desinformation“ geschehen, den die EU und ihre Mitgliedsstaaten seit der Corona-Zeit aggressiv für alle Meldungen oder Meinungsäußerungen benutzen, die ihrer politischen Linie widersprechen.

Der Guardian berichtet darüber sehr wohlwollend und schreibt unter anderem:

„Die Tragweite ausländischer Einmischung wurde deutlich, als Rumänien als erster EU-Mitgliedstaat eine Wahl annullierte, nachdem freigegebene Geheimdienstinformationen eine mutmaßliche russische Kampagne aufdeckten. Diese umfasste massive Cyberangriffe auf das IT-System der Wahlbehörden und Manipulationen in sozialen Medien zugunsten eines ultranationalistischen Kandidaten. Auch die Behörden Moldawiens, eines EU-Beitrittskandidaten, haben Russland Einmischung in jüngste Wahlen vorgeworfen, darunter massive Stimmenkäufe und Propagandakampagnen.“

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Ukraine: „Der falsch diagnostizierte Patient liegt im Sterben“

Von George Beebe (Übersetzung: Thomas Röpers) – 8. November 2025

Ein US-Thinktank hat eine erstaunlich realistische Beurteilung der Ursachen des Ukraine-Kriegs veröffentlicht und auch einen gangbaren Weg aus der Eskalationsspirale aufgezeigt.

Der US-Thinktank Quincy Institute for Responsible Statecraft hat in einem Artikel die wohl realistische Beurteilung der Ursachen des Ukraine-Krieges veröffentlicht, die ich im Westen seit der Eskalation 2022 gesehen habe. Und da der Autor des Artikels die Ursachen des Krieges verstanden hat, konnte er auch einen gangbaren Weg aufzeigen, wie der Konflikt zu lösen wäre. Ich habe den Artikel daher zur Information übersetzt. […]

Ukraine: Der falsch diagnostizierte Patient liegt im Sterben

Die ganze Zeit wurde uns erzählt, es gehe um aggressive Expansion, und der Westen verfolge eine Strategie der Abschreckung. Das war falsch.

Mit der Verhängung neuer US-Sanktionen gegen russische Ölproduzenten und der Abqualifizierung des russischen Gesandten Kirill Dmitrijew als „Propagandisten“ durch US-Finanzminister Scott Bessent scheinen die Bemühungen der Regierung von Donald Trump, den Krieg in der Ukraine zu beenden, an einem seidenen Faden zu hängen.

Ein Erfolg oder Misserfolg wird von einer einfachen Voraussetzung abhängen: Man muss ein Problem erst verstehen lernen, um es lösen zu können. Leider diagnostiziert der Westen das Problem, mit dem er in der Ukraine konfrontiert ist, seit mehr als einem Jahrzehnt falsch – mit zunehmend tragischen Folgen. Und die Zeit, in der Präsident Trump diese Fehldiagnose und die entsprechende politische Rezeptur korrigieren kann, läuft schnell ab.

Seit spätestens 2014 – dem Jahr der Maidan-Revolution in der Ukraine und Russlands anschließender Entscheidung, die Krim zu annektieren und separatistische Kämpfer im Donbass zu unterstützen – betrachten die außenpolitischen Eliten des Westens Russlands militärische Aktionen gegen die Ukraine als etwas, das Präsident Putin als willkürliches, „nicht provoziertes“ Streben nach Landgewinn und Wiederaufbau eines Imperiums begreife, getrieben allein von autoritären Impulsen Russlands.

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Rabins Ermordung – 30 Jahre danach

Von Moshe Zuckermann – 8. November 2025

Das Attentat auf Yitzhak Rabin am 4.11.1995 markierte zugleich einen Wendepunkt in der israelischen Politik und die Befestigung eines ihrer Grundmuster.

Vor dreißig Jahren, am 4. November 1995, wurde Israels Premierminister Yitzhak Rabin ermordet. Es geschah in Tel Aviv kurz nach einer Friedenskundgebung, an der etwa eine Viertelmillion Menschen teilnahmen. Der Mörder war Yigal Amir, ein gläubiger, rechtsradikaler Aktivist aus dem nationalreligiösen Lager.

Damit sind zentrale Momente des Katastrophenereignisses „Rabins Ermordung“ kodiert: Rabin war Israels politischer Führer im Oslo-Prozess, einer Friedensinitiative zur politischen Lösung des Konflikts mit den Palästinensern [die allerdings in einem Betrug an den Palästinensern endete. Siehe hierzu z. B.: Michael Lüders: Krieg ohne Ende?; die GG-Red.] Sein Verhandlungspartner auf der palästinensischen Seite war Yassir Arafat, Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete. Der politische Prozess stand unter der „Obhut“ des US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton.

Yigal Amir war keine herausragende Figur im damaligen rechtsradikalen Lager, zeichnete sich aber durch eine starke Affinität zur nationalreligiösen Siedlerideologie aus, welche messianisch-religiös, mithin vom festen Glauben beseelt war, dass die im 1967er Krieg eroberten, von Palästinensern bewohnten Territorien das gottverheißene Eretz Israel, also „Land der Urväter“, seien. Diese religiöse Doktrin korrespondierte mit der an sich säkularen Großisrael-Ideologie der revisionistischen Herut-Partei, Vorfahrin der nachmals gebildeten, heute regierenden Likud-Partei.

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